Endlich. Gebucht! Dreieinhalb Wochen Norwegen, alleine mit dem Rucksack. Schon lange standen die roten Fischerhäuschen, zerklüfteten Felsmassive und rauen, wilden Landschaften auf meiner bucket list. Gut, eigentlich hatte ich mich da eher im Sommer hingedacht. Jetzt ist Januar. Aber irgendwas ist ja immer.
„Nach Norwegen im Winter??? Weil’s da so schön leer ist am Strand, oder was?“ Mein Kollege teilt meine Begeisterung nicht so ganz. Auch einige Freunde gucken mal wieder ein bisschen sparsam. „Da ist es doch voll kalt jetzt.“ Tatsächlich bin ich eher Wintermädchen, aber vor allem mag ich Jahreszeiten. Und Winter ist eine Jahreszeit, die so in Köln eben nicht stattfindet, mit Nordlichtern, Schlittenhunden und weiß glitzernden Landschaften statt matschig-grauem Großstadttrubel. Auslöser fürs spontane Winterdate mit Norwegen waren Bilder, über die ich gestolpert bin. Von weiten Skipisten direkt am Fjord, vom Ice Music Festival, bei dem alle Instrumente aus Eis gemacht sind – und Fotos von einer Reisefreundin, die gerade auf einer Hundeschlittenranch in Nordnorwegen arbeitet und mit einem Knäuel kuscheliger Huskywelpen rumtobt. Genug Futter fürs Fernweh.
Also buche ich Hin- und Rückflug nach Oslo für knapp 200 Euro. Und von Oslo einen Inlandsflug für 70 Euro, ganz hoch nach Kirkenes, an der russischen und finnischen Grenze. Da arbeitet Miriam mit den Schlittenhunden und freut sich über Besuch aus der Heimat. Den Rest halte ich mir offen, überlege nur, mit welchen Orten ich mich verabreden möchte. Die Stadt Tromsø soll toll sein. Dann die Pisten mit Fjordblick in Narvik. Die Lofoten mit den Fischerdörfchen, unbedingt. Bergen mit der alten, bunten Hafenstadt wäre schön und absolutes must: das Ice Music Festival.
Die Route wird konkreter. Norwegen ist lang und schmal. Rücken und Kopf vom skandinavischen Tiger. Etwas kleiner als Deutschland, dafür leben da aber auch nur etwas mehr als fünf Millionen Menschen. Grob informiere ich mich im Netz, wie weit Städte voneinander entfernt sind und ob es im Winter genügend öffentliche Verkehrsmittel gibt. Gibt es: Inlandsflüge hoch in den Norden, Züge fahren im mittleren und südlichen Norwegen, Busse sind eigentlich überall unterwegs und Fähren schippern die Küste rauf und runter.
Mit meinem Rucksack voller Thermoklamotten, Schneehose, Mütze und Wollsocken geht’s Mitte Januar los. Schon beim Anflug hüpft das Herz. Wir fliegen durch einen rosanen Himmel, unter uns verschneite Wälder und schwarze Felsklippen, einzelne versprengte Häuschen.
Am Flughafen von Oslo geht es erst mal in den Dutyfree Shop, schnell zwei Flaschen Wein unter den Arm klemmen. Machen fast alle so, denn Alkohol ist –zumindest in Bars- richtig teuer, ein Glas Wein, ein Bier oder sonstiges mit Umdrehungen kostet um die 10 Euro. Dann zum Hostel. Fast überall in Norwegen gibt es kostenloses Wi-fi in Bussen und Bahnen. Super um sich zum Beispiel nochmal schnell eine Wegbeschreibung zur Unterkunft runterzuladen, hatte ich vorher mal wieder vergessen. Zwischendurch muss ich ein bisschen schmunzeln. Ich kann kein norwegisch, aber einige Wörter kennt man dann doch, nur irgendwie anders…
Am nächsten Tag habe ich Zeit für Oslo. Im Perminalen Hostel gibt es ein großes Frühstücksbuffet. So richtig kann ich mich noch nicht motivieren, alleine loszuziehen. Aber da ist ja noch die Kamera. Also dick eingemummelt und los. Zuerst zum Aussichtspunkt auf das Dach der Oper. Las sich spektakulärer, als es letztlich war, so viel sieht man nicht, aber immerhin fotogene Möwen und ein bisschen Hafen und das Gebäude an sich ist toll.
Der eigentliche Hafen ist noch einige hundert Meter entfernt und deutlich schöner, mit Spaziergängern, Fischkuttern und Fähren, die zu den kleinen Inseln rausfahren. Ich mache ein paar Fotos und beschließe, zum Sonnenuntergang nochmal her zu kommen. Weiter geht’s, mit der Bahn zum norwegischen Rundfunk. Ein Kollege hat dort einen Freund, Arne, den habe ich spontan angeschrieben, ob er Lust hätte auf eine Senderführung. Mit Kollegen hat man ja zumindest schon mal ein gemeinsames Thema und das ist meistens ein guter Türöffner.
Arne hat eine wöchentliche Musiksendung namens Jungeltelegrafen, ist super nett und hellauf begeistert von meinem vorläufigen Reiseplan. Er lässt sich anstecken vom Reisefieber, zaubert Tipps und Adressen aus dem Ärmel, von Freunden im Land, falls ich unterwegs irgendwo strande oder irgendwo eine private Stadtführung haben möchte.
Mit der Bahn geht’s wieder zurück Richtung Hafen, es ist kurz vor Sonnenuntergang. Das Licht und der Himmel sind unfassbar schön. Ein Mädchen verkauft direkt vom Fischkutter frischen Fisch und Krabben. Ich frage sie, ob ich ein paar Fotos machen darf. Sie sagt „das ist nett, dass du vorher fragst“ und schon sind wir im Gespräch. Fünf Minuten später pult sie eine Handvoll Krabben für mich. Fangfrisch.
Abends treffe ich nochmal Arne vom NRK Radio auf ein Getränk. Oslo hat schöne Restaurants und Bars. Tipp: Das Mela Cafe, Essen aus Nahost, super lecker, sehr nette Bedienung und der ganze Tisch voll mit kleinen Schälchen voll Köstlichkeiten. Maribors Gate 8. Zufällig treffen wir ein paar seiner Kollegen. Es wird ein sehr lustiger Abend und ich denke mal wieder, wie verrückt das alles auf Reisen ist. Einen Tag in Oslo, ohne jemanden zu kennen und abends sitze ich in einer Runde mit Menschen, als wär’s schon immer so gewesen.
Am nächsten Morgen geht es wieder zum Flughafen. Inlandsflug nach Kirkenes. Einmal über den Polarkreis, wo es um diese Jahreszeit noch dunkel ist und nur ein paar wenige Stunden das Tageslicht durchscheint. Noch weiß ich nicht, dass ich tatsächlich Nordlichter sehen werde. Dass ich Königskrabben aus dem Eis fischen und mit einem Schiff übers Nordkap fahren werde. Takk. Danke Oslo.
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